© DAV Rottal Neumarkt-St. Veit

60 Jahre Gipfelkreuz im Kaisergebirge

21.09.2025

Die Sehnsucht, hoch hinaus zu kommen und das Unbekannte zu erforschen liegt wohl seit Beginn der Zeiten in der Veranlagung des Menschen. Sie treibt ihn an und lässt ihn zuweilen unglaubliche Leistungen erbringen. So liegt es wohl auf der Hand, dass es die Menschen aus dem Alpenraum und aller Welt seit Jahrhunderten auf die Gipfel der hohen Berge treibt. Ebenso liegt es wohl in der menschlichen Genetik verankert, sich Denkmäler zu schaffen oder anderweitig zu verewigen.

So kam im Herbst 1964 in der noch jungen Alpenvereinssektion Rottal-Neumarkt-Sankt Veit die Idee auf, ein eigenes Gipfelkreuz in den Alpen zu errichten. Unter der Leitung des Gründervorstandes Hans Seifried machte man sich kurzerhand auf die Suche nach einem geeigneten Berg, dessen höchsten Punkt noch kein Kreuz schmückte. So konzentrierte man sich zunächst auf die bayerischen Voralpen, da der Berg natürlich möglichst schnell erreichbar sein und als Ausflugsziel dienen sollte. Jedoch musste man bald einsehen, dass es auf deutscher Seite kaum mehr jungfräuliche Gipfel gab. So wurde die Suche auf das benachbarte Tirol ausgeweitet und man wurde tatsächlich fündig: Inmitten der berühmt berüchtigten Felsgiganten des Kaisergebirges. Auf der hinteren Goinger Halt fand man den idealen Ort zur Errichtung eines Kreuzes und die Formalitäten mit den Österreichischen Bundesforsten konnten rasch erledigt werden. 
Die Goinger Halt ist vom Ellmauer Tor in ca 40 Minuten über leichte Kraxeleien und weitgehend einfaches Gelände erreichbar. Der Zustieg zum Ellmauer Tor ist von der südlich gelegenen Wochenbrunner Alm, als auch von der Griesner Alm im Norden möglich. Von daher erscheint es aus heutiger Sicht schier unfassbar, dass eine kleine DAV-Sektion außerhalb des Alpengebiets sich diesen Gipfel schnappen konnte. Immerhin ist die hintere Goinger Halt der wohl höchstfrequentierte Gipfel im Massiv des Wilden Kaisers. Doch manchmal bedarf es etwas Glück im Leben.
Nach unzähligen Arbeitsstunden von freiwilligen Helfern und Sach- und Geldspenden aus dem Umfeld des Vereins konnte am 22.07.1965 der lang ersehnte Traum verwirklicht werden. Das komplett in Eigenleistung gefertigte, ca 150 kg schwere Eisenkreuz wurde in zwei Teilen von Hand auf 2195 m befördert und aufgerichtet. Drei Tage später, am 25.07.1965 wurde der Erfolg bei einem Freiluftgottesdienst an der Gaudeamushütte mit dem "Bergsteiger Kaplan" Otto Steinberger gefeiert. Im Angesicht der zurückliegenden Strapazen und im musikalischen Rahmen der Schubertmesse muss es für die Beteiligten wohl ein erhebendes Gefühl sein, an dieser besonderen Feier teilzunehmen. Im Anschluss an die Messe wurde von ca 200 Bergbegeisterten der Gipfelanstieg in Angriff genommen, um vor Ort am neuen Kreuz noch die eigentliche Weihe mitzuerleben. 
Doch auch 60 Jahre nach seiner Errichtung hat das Vereinskreuz nichts von seiner Anziehungskraft eingebüßt. So machte sich am letzten Sonntag im August eine Gruppe von Alpinisten aus den Reihen der Sektion an eine Gipfelbesteigung der besonderen Art. Der Gipfel sollte über den durchaus luftigen Nordgrat erstiegen werden. Diese Tour zeichnet sich wohl weniger durch den technischen Anspruch beim Klettern aus. Beim dritten Schwierigkeitsgrad ist bereits Schluss. Jedoch finden sich über die 10 Seillängen kaum feste Haken oder ähnliche Sicherungsmöglichkeiten, sodass die Absicherung weitgehend über die natürlichen Gegebenheiten wie Felszacken und Blöcke erfolgen muss. An jenem Sonntag im August verlief jedoch alles nach Plan und die 5-köpfige Gruppe konnte sich nach ca 2,5 Stunden Kletterei bei absolutem Kaiserwetter am eigenen Gipfel selbst gratulieren. Nachdem noch ein hölzernes Schild mit der Aufschrift "60 Jahre Gipfelkreuz" angebracht wurde, ging es an den Abstieg hinunter zur Gaudeamushütte.
An die Feierlichkeiten vor 60 Jahren erinnert heute aber nicht nur das Datum am Kreuz selbst. Seit vielen Jahren findet am letzten Sonntag im September die traditionelle Bergmesse des DAV im Almgebiet der Gaudeamushütte statt. Mit der Unterstützung der Stadtkapelle Neumarkt-Sankt Veit erklingt auch heuer wieder die Schubertmesse am 28.09. inmitten der gigantischen Felskulisse des Kaisergebirges. Gottesdienstbeginn ist um 10:00 Uhr. Anlässlich des Jubiläums würde sich die Alpenvereinssektion über eine besonders rege Teilnahme am Gottesdienst freuen und hat deshalb auch heuer wieder einen Bus gemietet, der die Anreise erleichtern soll. Abfahrt ist um 6 Uhr am Bahnhof in Neumarkt. Die Anmeldung erfolgt telefonisch bei Rita Seifried unter 08639/5443.